Erziehung und digitale Medien



Schulen bislang noch nicht wahrhaben wollte, dass ohne zusätzlichen Technikaufwand im Unterricht keine zukunftstauglichen Fachkräfte zu haben sein werden, dann schaffen die Unternehmen eben selbst Tatsachen. „Fakt ist: Immer mehr Lehrkräfte möchten in ihrem Unterricht mit digitalen Medien arbeiten".
IT-Brarichenverbände wie der Bitcom und die Initiative D21 werden nicht müde, vor der Gefahr digitaler Analphabeten zu warnen. In Klassenräumen fehle die nötige Ausstattung und Lehrer seien mangels Weiterbildung unzureichend auf die aktuellen Anforderungen und die Bedürfnisse der Digital Natives eingestellt. 

Die Schere zwischen Ahnungslosen und Kompetenten sei viel zu groß, heißt es beim Netzwerk Digitale Bildung: „Während ein skeptischer Hochschullehrer vielleicht gerade erst seine Overhead-Materialien auf Powerpoint-Folien umgestellt hat, schöpft woanders eine Grundschullehrerin alle Möglichkeiten neuer Technik bereits voll aus: Sie lässt Kinder in sogenannten Collaborative Classrooms beim gemeinschaftlichen Arbeiten an Whiteboards selbstbestimmt und im eigenen Tempo lernen. Mit anderen Worten: hier der Hinterwäldler, der nur noch Gähnen hervorruft, dort die Fortschrittsgläubige, die Leben in die verstaubten Klassenzimmer bringt. 

Wer kann noch zwischen tatsächlich erforderlicher materieller Aufstockung und fachlich notwendiger Kompetenzanpassung der Lehrer einerseits sowie Vermarktungsinteressen der IT-Unternehmen andererseits unterscheiden? 

Wer mag schon widersprechen, wenn Samsung unter dem Slogan „Digitale Helden von morgen" darauf hinweist, dass „der reflektierte und kompetente Umgang mit neuen Technologien zur entscheidenden Qualifikation für die Arbeitswelt von morgen und die gesellschaftliche Teilhabe" werde und dass Samsung Kinder und Jugendliche mit seinem „Engagement" fit für die Zukunft mache? 

Wer sonst als die IT-Branche soll die sicherlich vorhandenen Ausstattungsdefizite beheben? Die Vernetzung der Schulen ist ein lukratives und attraktives Betätigungsfeld für Marketingexperten, die sich der Bedeutung der Kunden von morgen bewusst sind. 

Kritiker befürchten, der massive, permanente Einfluss von Unternehmen auf den Unterricht drohe, die Schulen zu Werbeplattformen und zu Absatzmärkten verkommen zu lassen. Bildung werde zur Ware. 

Das Kerngeschäft Unterricht und Erziehung gerate in den Hintergrund. Der Schüler mutiere zum Fabrikarbeiter, so werden junge Menschen wie Maschinen betrachtet, die ein Investitionsgut sind und deren Bildung Kapital abwerfen soll.

Dass Bildungsfachleute nicht gewillt seien, Schulen als ökonomische Spielwiese preis zugeben, ist ihr gutes Recht. Über die Technisierung werde die Fähigkeit von Kindern, von Hand zu schreiben, dramatisch vernachlässigt. Es ist wichtig, dass diese Kulturtechnik nicht auf dem Altar der neuen Medien geopfert wird. 

Das Zusammenspiel von Pädagogik und Technologie ist ein komplexer Prozess, der nur mit den geeigneten Rahmenbedingungen gelingen kann. 

Die Potenziale der digitalen Medien können sehr zielgerichtet ausgeschöpft werden. Sie bilden aber auch Eingangstore, um Schüler ohne Wissen der Eltern für kriminelle Machenschaften zu gewinnen.

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