Die Geschichte des Computers


Die Vorläufer des modernen Computers

Die moderne Computertechnologie, wie wir sie heute kennen, entwickelte sich im Vergleich zu anderen Elektrogeräten der Neuzeit sehr schnell. Die Geschichte der Entwicklung des Computers an sich jedoch reicht zurück bis in die Antike und umfasst deutlich mehr, als nur die modernen Computertechnologien oder mechanischen bzw. elektrischen Hilfsmittel (Rechenmaschinen oder Hardware). Sie umfasst z. B. auch die Entwicklung von Zahlensystemen und Rechenmethoden, die etwa für einfache Schreibgeräte auf Papier und Tafeln entwickelt wurden. Im Folgenden wird versucht, einen Überblick über diese Entwicklungen zu geben.

Zahlen und Ziffern als Grundlage der Computergeschichte

Das Konzept der Zahlen lässt sich auf keine konkreten Wurzeln zurückführen und hat sich wahrscheinlich mit den ersten Notwendigkeiten der Kommunikation zwischen zwei Individuen entwickelt. Man findet in allen bekannten Sprachen mindestens für die Zahlen eins und zwei Entsprechungen.

Als Weiterentwicklung ist der Übergang von der reinen Anzahlbenennung zum Gebrauch mathematischer Rechenoperationen wie AdditionSubtraktionMultiplikation und Division anzusehen; auch Quadratzahlen und Quadratwurzel sind hierunter zu fassen. Diese Operationen wurden formalisiert (in Formeln dargestellt) und dadurch überprüfbar. Daraus entwickelten sich dann weiterführende Betrachtungen, etwa die von Euklid entwickelte Darstellung des größten gemeinsamen Teilers.

Im Mittelalter erreichte das ursprünglich aus Indien stammende arabische Zahlensystem Europa und erlaubte eine größere Systematisierung bei der Arbeit mit Zahlen. Es erlaubte die Darstellung von Zahlen, Ausdrücken und Formeln auf Papier und die Tabellierung von mathematischen Funktionen wie der Quadratwurzel, des einfachen Logarithmus und trigonometrischer Funktionen. Zur Zeit der Arbeiten von Isaac Newton war Papier und Velin eine bedeutende Ressource für Rechenaufgaben und ist dies bis in die heutige Zeit geblieben, in der Forscher wie Enrico Fermi seitenweise Papier mit mathematischen Berechnungen füllten und Richard Feynman jeden mathematischen Schritt mit der Hand bis zur Lösung berechnete, obwohl es zu seiner Zeit bereits programmierbare Rechner gab.

Frühe Entwicklung von Rechenmaschinen und -hilfsmitteln

Der Abakus

Das früheste Gerät, das in rudimentären Ansätzen mit einem heutigen Computer verglichen werden kann, ist der Abakus, eine mechanische Rechenhilfe, die vermutlich um 1100 v. Chr. im indochinesischen Kulturraum erfunden wurde. Der Abakus wurde bis ins 17. Jahrhundert benutzt und dann durch die ersten Rechenmaschinen ersetzt. In einigen Regionen der Welt wird der Abakus auch heute noch immer verwendet. Einem ähnlichen Zweck diente auch das Rechenbrett des Pythagoras.

Mechanismus von Antikythera

Bereits im 1. Jahrhundert v. Chr. wurde mit dem Räderwerk von Antikythera die erste Rechenmaschine erfunden.[1] Das Gerät diente vermutlich für astronomische Berechnungen und funktionierte mit einem Differentialgetriebe.

Mit dem Untergang der Antike kam der technische Fortschritt in Mittel- und Westeuropa fast zum Stillstand und in den Zeiten der Völkerwanderung ging viel Wissen verloren oder wurde nur noch im oströmischen Reichsteil bewahrt (so beispielsweise auch das Räderwerk von Antikythera, das erst 1902 wiederentdeckt wurde). Die muslimischen Eroberer der oströmischen Provinzen und schließlich Ost-Roms (Konstantinopel) nutzten dieses Wissen und entwickelten es weiter. Durch die Kreuzzüge und spätere Handelskontakte zwischen Abend- und Morgenland sowie die muslimische Herrschaft auf der iberischen Halbinsel, sickerte antikes Wissen und die darauf aufbauenden arabischen Erkenntnisse langsam wieder nach West- und Mitteleuropa ein. Ab der Neuzeit begann sich der Motor des technischen Fortschritts wieder langsam zu drehen und beschleunigte fortan – und dies tut er bis heute.

Der Rechenschieber, eine der wichtigsten mechanischen Rechenhilfen für die Multiplikation und Division

1614 publizierte John Napier seine Logarithmentafel. Mitentdecker der Logarithmen ist Jost Bürgi. 1623 baute Wilhelm Schickard die erste Vier-Spezies-Maschine mit getrennten Werken für Addition/Subtraktion und Multiplikation/Division und damit den ersten mechanischen Rechner, wodurch er zum „Vater der Computerära“ wurde. Seine Konstruktion basierte auf dem Zusammenspiel von Zahnrädern, die im Wesentlichen aus dem Bereich der Uhrmacherkunst stammten und dort genutzt wurden, wodurch seine Maschine den Namen „Rechenuhr“ erhielt. Ein weiteres Exemplar war für Johannes Keplers astronomische Berechnungen bestimmt, verbrannte aber halbfertig. Schickards eigenes Gerät ist verschollen.

1642 folgte Blaise Pascal mit seiner Zweispezies-Rechenmaschine, der Pascaline. 1668 entwickelte Samuel Morland eine Rechenmaschine, die erstmals nicht dezimal addierte, sondern auf das englische Geldsystem abgestimmt war. 1673 baute Gottfried Wilhelm Leibniz seine erste Vierspezies-Maschine und erfand 1703 (erneut) das binäre Zahlensystem (Dualsystem), das später die Grundlage für die Digitalrechner und darauf aufbauend die digitale Revolution wurde.

Mechanischer Rechner von 1914

1805 nutzte Joseph-Marie Jacquard Lochkarten, um Webstühle zu steuern. 1820 baute Charles Xavier Thomas de Colmar das „Arithmometer“, den ersten Rechner, der in Massenproduktion hergestellt wurde und somit den Computer für Großunternehmen erschwinglich machte. Charles Babbage entwickelte von 1820 bis 1822 die Differenzmaschine (englisch Difference Engine) und 1837 die Analytical Engine, konnte sie aber aus Geldmangel und wegen damals noch zu wenig ausgereifter Feinmechanik nicht bauen. 1843 bauten Edvard und George Scheutz in Stockholm den ersten mechanischen Computer nach den Ideen von Babbage. Im gleichen Jahr entwickelte Ada Lovelace eine Methode zur Programmierung von Computern nach dem Babbage-System und schrieb damit das erste Computerprogramm. 1890 wurde die US-Volkszählung mit Hilfe des Lochkartensystems von Herman Hollerith durchgeführt. 1912 baute Torres y Quevedo eine Schach­maschine, die mit König und Turm einen König matt setzen konnte,– und somit den ersten Spielcomputer.

Mechanische Rechner wie die darauf folgenden Addierer, der Comptometer, der Monroe-Kalkulator, die Curta und der Addo-X wurden bis in die 1970er Jahre genutzt. Diese Rechner nutzten alle das Dezimalsystem. Dies galt sowohl für die Rechner von Charles Babbage um 1800 wie auch für den ENIAC von 1945, den ersten vollelektronischen Universalrechner überhaupt.

Es wurden jedoch auch nichtmechanische Rechner gebaut, wie der Wasserintegrator.

Von 1935 über die Zuse Z1 bis zur Turing-Bombe
1935 stellten IBM die IBM 601 vor, eine Lochkartenmaschine, die eine Multiplikation pro Sekunde durchführen konnte. Es wurden ca. 1500 Exemplare verkauft. 1937 meldete Konrad Zuse zwei Patente an, die bereits alle Elemente der so genannten Von-Neumann-Architektur beschreiben. Im selben Jahr baute John Atanasoff zusammen mit dem Doktoranden Clifford Berry einen der ersten Digitalrechner, den Atanasoff-Berry-Computer, und Alan Turing publizierte einen Artikel, der die Turingmaschine, ein abstraktes Modell zur Definition des Algorithmusbegriffs, beschreibt.

1938 stellte Konrad Zuse die Zuse Z1 fertig, einen frei programmierbaren mechanischen Rechner, der allerdings aufgrund von Problemen mit der Fertigungspräzision nie voll funktionstüchtig war. Die Z1 verfügte bereits über Gleitkommarechnung. Sie wurde im Krieg zerstört und später nach Originalplänen neu gefertigt, die Teile wurden auf modernen Fräs- und Drehbänken hergestellt. Dieser Nachbau der Z1, der im Deutschen Technikmuseum in Berlin steht, ist mechanisch voll funktionsfähig und hat eine Rechengeschwindigkeit von 1 Hz, vollzieht also eine Rechenoperation pro Sekunde. Ebenfalls 1938 publizierte Claude Shannon einen Artikel darüber, wie man symbolische Logik mit Relais implementieren kann. (Lit.: Shannon 1938)

Während des Zweiten Weltkrieges gab Alan Turing die entscheidenden Hinweise zur Entzifferung der Enigma-Codes und baute dafür einen speziellen mechanischen Rechner, Turing-Bombe genannt.

Entwicklung des modernen turingmächtigen Computers

Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges

Nachbau der Zuse Z3 im Deutschen Museum in München

Ebenfalls im Krieg (1941) baute Konrad Zuse die erste funktionstüchtige programmgesteuerte binäre Rechenmaschine, bestehend aus einer großen Zahl von Relais, die Zuse Z3. Wie 1998 bewiesen werden konnte, war die Z3 turingmächtig und damit außerdem die erste Maschine, die – im Rahmen des verfügbaren Speicherplatzes – beliebige Algorithmen automatisch ausführen konnte. Aufgrund dieser Eigenschaften wird sie oft als erster funktionsfähiger Computer der Geschichte betrachtet.[2] Die nächsten Digitalrechner waren der in den USA gebaute Atanasoff-Berry-Computer (Inbetriebnahme 1941) und die britische Colossus (1941). Sie dienten speziellen Aufgaben und waren nicht turingmächtig. Auch Maschinen auf analoger Basis wurden entwickelt.

Colossus Mark II

Auf das Jahr 1943 wird auch die angeblich von IBM-Chef Thomas J. Watson stammende Aussage „Ich glaube, es gibt einen weltweiten Bedarf an vielleicht fünf Computern.“ datiert. Im selben Jahr stellte Tommy Flowers mit seinem Team in Bletchley Park den ersten „Colossus“ fertig. 1944 erfolgte die Fertigstellung des ASCC (Automatic Sequence Controlled Computer, „Mark I“ durch Howard H. Aiken) und das Team um Reinold Weber stellte eine Entschlüsselungsmaschine für das Verschlüsselungsgerät M-209 der US-Streitkräfte fertig.[3] Zuse hatte schließlich bis März 1945 seine am 21. Dezember 1943 bei einem Bombenangriff zerstörte Z3 durch die deutlich verbesserte Zuse Z4 ersetzt, den damals einzigen turingmächtigen Computer in Europa, der von 1950 bis 1955 als zentraler Rechner der ETH Zürich genutzt wurde.

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